Slalom-Asse

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Im Slalomsport zählen Millimeter // Foto: Patrick Holzer

Jedes Wochenende von März bis November machen sich Frauen und Männer in Deutschland auf den Weg, um auf Parkplätzen oder Verkehrsübungsplätzen um kleine rot-weiße Hütchen zu jagen. Ob Einsteiger oder Experte – der Slalom-Sport hat hierzulande jede Menge Anhänger. In Landau machten wir uns auf die Suche nach der Faszination Slalom.

Es gibt nur zwei Versuche. Die müssen sitzen. Wer richtig schnell ist, legt die mit rot-weißen Hütchen markierte Strecke in unter 50 Sekunden zurück. Dann ist auch schon wieder alles vorbei. Das ist Automobil-Slalom. Fast jedes Wochenende von März bis November reisen Motorsportler in ganz Deutschland kilometerweit, um ihr sportliches Talent in knapp zwei Minuten unter Beweis zu stellen. Parkplätze, Verkehrsübungsplätze, Bergstraßen oder Kartbahnen – sie alle lassen sich mit ein paar Pylonen in einen Slalomparcours verwandeln. Dank niedriger Startgelder kann sich im Grunde jeder, der eine entsprechende DMSB Lizenz beantrag um die Hütchen wedeln. Vom stinknormalen Straßenauto bis hin zum pikfein aufgebauten Gruppe H-Renner macht sich eine breite Fahrzeugpalette regelmäßig zur Pylonenjagd auf. Speed alleine reicht dabei nicht. Punktgenaues fahren um die Pylonen ist ein Muss. Wird eine abgeräumt, gibt es Strafsekunden. Bei Abständen im Hundertstelbereich nahezu das Todesurteil für jegliche Siegambitionen. 

Markus Fitzer startete in Landau mit einem blitzeblanken Simca // Foto: Patrick Holzer

„Beim Slalom muss man konzentriert sein. Wenn man einmal aus dem Konzept kommt, ist es gelaufen“, weiß Markus Fitzer. Das Ablaufen der Strecke, die Suche nach den idealen Bremspunkten und der Ideallinie ist daher ein absolutes Muss. Der Pirmasenser ist im Slalomsport eine feste Größe. Vor sieben Jahren stieg Fitzer ein. Davor fuhr er Motocross. Dann kam der Wechsel auf vier Räder. Dort ist Fitzer voll und ganz angekommen. Erfolge wie der zweimalige Gewinn der Pfalzmeisterschaft, zwei Vizemeisterschaften und ein Klassensieg beim Homburger Bergrennen sprechen für sich. Auch Bruder Steffen ist vom Motorsportvirus befallen. Meist betreuen sie gleich vier Autos bei den Veranstaltungen. Alle sind selbst aufgebaut. Sein Simca 1000 Rallye 2 ist dabei ein echter Hingucker. „Meine Mutter hat mich in einem Simca immer in den Kindergarten gefahren. Das blieb irgendwie im Kopf hängen“, erinnert sich Fitzer. Den Simca, Baujahr 1973, holte Fitzer direkt aus Frankreich in der Nähe von Marseille. Der Wagen wurde von der kahlen Rohkarosse in einen lupenreinen Gruppe H Renner umgebaut. „Im Prinzip sind alles Einzelanfertigungen. Ohne Beziehungen sind Ersatzteile nur schwer zu bekommen“, so der Simca-Pilot. Im Gegensatz zu den unzähligen Simca in Frankreich, die meist mit Peugeot- oder Citroen-Motoren fahren, hat Fitzers Simca noch den originalen Motorblock und Zylinderkopf. Der Exot legt sich regelmäßig recht erfolgreich mit der Polo-Übermacht an. Über die Pfalzmeisterschaft hat sich Fitzer immer wieder für die Südwestmeisterschaft qualifiziert. Da führt ihn der Weg auch einmal an den Bodensee, den Schwarzald oder den Flughafen Hahn. Trotzdem bleibt Slalom immer noch relativ kostengünstig. „Wir haben eine eigene Werkstatt und können nicht die halbe Woche zumachen. So kommen uns die weniger zeitaufwendigen Veranstaltungen entgegen.“ An den Veranstaltungstagen reist das kleine Team gerne auch früher an, „um dem ganzen administrativen Stress aus dem Weg zu gehen.“ Vom 25.-26. Juni wird Markus Fitzer sogar selbst in die Rolle des Veranstalters rücken. Dann wird sein Verein, der AC Pirmasens, den Schweixer Bergslalom organisieren.  

Mit seinem Polo kämpfte Sascha Gross vorne mit // Foto: Patrick Holzer

Bei der Premiere in Schweix dürfte Fitzer wieder auf jede Menge VW Polo treffen. Die Wolfsburger sind im Slalomsport besonders häufig vertreten und in den Ergebnislisten meist ganz oben zu finden. Die Konkurrenz ist hier besonders groß. Trotzdem werden gute Freundschaften untereinander gepflegt. Motorsport verbindet eben. So ist es auch bei Sascha Gross und Marco Guido. Beide kommen aus dem saarländischen Quierschied. Gross kam über die Tuningszene in den Slalomsport. „Irgendwann habe ich mir das Ziel gesetzt, einmal selbst ein Auto aufzubauen und damit Motorsport zu betreiben“, blickt Gross zurück. Das war vor acht Jahren. Der Saarländer konnte ein bei einem Bergrennen verunfalltes Auto kaufen, das jahrelang kaputt in einer Garage stand. Auf einer neuen Rohkarosse baute er den Renner wieder auf. Gross ist eigentlich gelernter Metallbauer. Das meiste zum Thema Auto brachte er sich selbst bei.  In unserem Team kann jeder etwas anderes. So ergänzen wir uns. Ich bin meist der Käfigschweißer.“ Mit der Zeit wurde der Polo immer mehr zu einem waschechten Rennauto. Stück für Stück sei das Projekt gewachsen. „Durch die Mehrleistung musste man wieder andere Dinge verändern, damit es wieder passt. So geht das Spiel immer weiter“, erzählt Gross. Erfolge hat der Polo-Pilot schon einige zu verzeichnen. An die 80 Pokale stehen daheim im Regal. „Wenn unsere Autos halten, fahren wir eigentlich immer unter die Top 10. Gerade die Starts gehen aufs Material“, so Gross. Den Polo-Treter würde die Rundstrecke schon reizen, doch die Kostenfrage schreckt ab. Im Slalombereich ist die ausgefeilte Technik zwar auch nicht günstig, dennoch hält sich der finanzielle Aufwand in Grenzen. Für Gross sind die motorsportlichen Aktivitäten als Ausgleich zum Alltag. Die gewonnen Pokale sind natürlich zudem eine Bestätigung für das, was man selbst gebaut hat.

Für 500 Euro kaufte Marco Guido seinen Polo // Foto: Patrick Holzer

Selber machen ist bei den meisten Slalom-Piloten angesagt. Marco Guido hat seinen Polo ebenfalls selbst aufgebaut. Der 32jährige hat 2010 mit Motorsport angefangen. Über seinen Freundeskreis kam Guido mit Autorennen in Kontakt. „Zunächst habe ich einmal hinein geschnuppert. Dann wurde es immer mehr“, so der Heizungsbauer zu seinen Anfängen. Den Polo kaufte er ein Jahr später für 500 Euro. Nach und nach wurde aus dem Scheunenfund ein immer schnellerer Rennwagen. Vieles erledigte er selbst. Ging es mal nicht weiter, halfen Freunde. Etwas schwieriger gestaltet sich bei dem Auto mittlerweile die Ersatzteilversorgung. „Es wird immer schwieriger, Originalteile zu bekommen“, berichtet Guido. Unter der Haube werkelt der 1,3-Liter Motor aus dem G40. Wegen der Aufladung muss der Polo in der 2-Liter Klasse ran. Bei bis zu 40 Veranstaltungen in Deutschland ist Guido das Jahr über unterwegs. Ab und an ist er bei Bergrennen unterwegs. Der Schwerpunkt liegt allerdings bei Slaloms.

Slalom bedeutet „auf den Punkt schnell“ zu sein, wie es Simon Liebmann ausdrückt. Liebmann ist seit fünf Jahren im Slalomsport aktiv. Schon als Kind war der 33jährige motorsportbegeistert. Vorstellen, einmal selbst aktiv Motorsport zu betreiben, konnte er sich damals noch nicht. Durch einen Umzug ins Saarland kam Liebmann mit anderen Motorsportlern in Kontakt. „Von da an hat es nicht lange gedauert, bis ich selbst aktiv wurde“, erinnert sich der Kfz-Mechaniker. Mit dem Slalomsport fand er eine möglichst kostengünstige Möglichkeit, um Motorsport zu betreiben. Hier halten sich die Kosten in Grenzen. Man brauche zum Beispiel nicht unbedingt nach jeder Veranstaltung neue Reifen. „Wir betreiben das Ganze als Hobby und wollen Spaß an dem haben, was wir machen“, findet Liebmann. Dennoch geht es am Ende auch um die beste Zeit auf der Strecke. Gute Plätze und Ergebnisse seien zwar nicht unbedingt das einzige, aber schön sind sie dennoch. Zahlreiche vordere Plätze in der Saarländischen und Nationalen Meisterschaft zeugen von den Erfolgen. Mit seinem VW Polo kämpft Liebmann meist um die vorderen Ränge. Der nach Gruppe H Reglement aufgebaute 16-Ventiler zieht aus1,3 Litern stolze 160 PS und das bei nur 850 kg. Der 33jährige hat den Polo komplett selbst aufgebaut. „Mit allem, was man braucht, um schnell zu sein.“ An diesem Slalomwochenende ist Marco Guido der Schnellste der drei Polo-Jungs. Er brauchte knapp über 49 Sekunden für die rund 900 Meter. In der Addition der Läufe schrammte Guido diesmal knapp am Gesamtpodest vorbei. Der Abstand. Eine Hundertstel. Nicht mehr als ein Augenzwinkern. Das ist der besondere Reiz von Slaloms, dem hunderte Motorsportler in ganz Deutschland Wochenende für Wochenende erlegen sind.

Slalom heißt „auf den Punkt schnell“ zu sein – so Simon Liebmann // Foto: Patrick Holzer